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Die Folgen des Personalmangels

Lesedauer: 2 Min
Zu lange ist der Arbeitskräftemangel als Ausdruck des demografischen Wandels vor allem als Thema für Unternehmen und die Wirtschaftspolitik gesehen worden. Jetzt finden solche Überlegungen auch in Beratungen zur Geldpolitik ihren Raum, und an den Finanzmärkten ist man ebenfalls hellhörig geworden.

Unter anderem besteht die Sorge, dass ein anhaltender Fachkräftemangel eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen könnte, was einen strukturellen Anstieg der Inflation nach sich ziehen würde. Wir liefern dazu im jüngsten Investmentmagazin Teleskop fünf Beobachtungen, die alle in dieselbe Richtung weisen: Personen im erwerbsfähigen Alter können sich auf bessere Zeiten freuen, wenn sie einen Job suchen.

Denn die Arbeitsbevölkerung schrumpft. Wir Menschen werden älter, gleichzeitig kommen weniger Kinder auf die Welt. Diese Entwicklung wirkt sich negativ auf das Wachstumspotenzial der Wirtschaft aus. Zweitens geht die Arbeitszeit zurück. Dieser Trend hält bereits seit den 1950er-Jahren an und betrifft sowohl die USA als auch Europa. Er geht auf einen gesellschaftlichen Trend zurück, durch Wohlstandsgewinne zusätzlichen Freiraum zu schaffen.

Rein finanziell betrachtet erhielten Arbeitnehmer allerdings weniger von diesen Wohlstandsgewinnen als Unternehmen und ihre Kapitalgeber. Der Faktor Arbeit am Beispiel der US-Volkswirtschaft hat zwar zwischen den Jahren 2000 und 2019 seine Entschädigung um 40 Prozent gesteigert, bei den Kapitalgebern hingegen betrug der Zuwachs knapp zwei Drittel. Möglich, dass das Pendel wieder etwas zurückschwingt, jetzt da Arbeitskräfte-Knappheit zum Thema wird.

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Viertens bestätigen Umfragen eine Verschärfung des Problems. Manpower, ein international tätiger Personalberater, hat erhoben, dass mittlerweile 77 Prozent von knapp 40'000 befragten Unternehmen Probleme haben, geeignetes Personal zu rekrutieren. Das ist der höchste Wert seit 17 Jahren und doppelt so hoch wie 2015. Interessant: China liegt mit 81 Prozent über dem internationalen Schnitt. Einfach dort eine Fabrik zu bauen, verschafft also nicht mehr unbedingt Abhilfe.

Die letzte Beobachtung ist eine Veränderung im Verhalten der Unternehmen, die sich besonders ausgeprägt in den USA zeigt. Dort versuchen Unternehmen, ihre Arbeitnehmenden so lange wie möglich zu halten, selbst wenn sich die Auftragslage bereits verschlechtert hat. Die Unternehmen scheuen sich also, Kündigungen auszusprechen, weil sie befürchten, in einer Erholung nicht genügend ausgebildete Fachkräfte zu finden.

Zusammengefasst heisst das für Unternehmen: Sie müssen sich als attraktive Arbeitgeber positionieren. Zum Beispiel über flexible Arbeitsmodelle oder das Gehalt. Doch wenn die Anpassung über den Lohn geht, wird uns das Thema Inflation noch längere Zeit beschäftigen. Der jüngste Rückgang wäre somit nur die Verschnaufpause, bevor die nächste Welle anrollt.

Haben Sie Fragen? Schreiben Sie mir unter felix.brill@vpbank.com.

Unternehmen müssen sich als attraktive Arbeitgeber positionieren.

Dr. Felix Brill Chief Investment Officer
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