Spotanalyse

USA: Fed unter Biden entspannter aber nicht weniger gefordert

Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank Group
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Fed-Chef Powell mit einer Mission

Auch wenn die Fed keine Änderung ihrer Geldpolitik vornahm, war es dennoch eine besondere Notenbanksitzung. Es war die erste Sitzung in der Ära Joe Biden, dem neuen US-Präsidenten. Fed-Chef Jerome Powell muss nun nicht mehr mit Schimpftiraden aus dem Weissen Haus rechnen. Für den obersten Währungshüter brachen damit entspanntere Zeiten an.

Powell  hatte auch eine wichtige Mission zu erfüllen. Er war heute als Manager der Markterwartungen aktiv. Einige Präsidenten der regionalen Notenbanken hatten jüngst einen möglichen schnelleren Anstieg der Inflationsraten ins Spiel gebracht und damit Spekulationen befeuert, dass die US-Notenbank möglicherweise schon bald ihre Anleihekäufe reduzieren könnte. Ihnen dürfte dabei das Jahr 2013 als Mahnung dienen, als der damalige Fed-Präsident Ben Bernanke mit dem Verweis auf eine etwaige Reduzierung der Anleihekäufe eine Schockwelle an den Finanzmärkten auslöste. Die Episode ging als «Taper Tantrum» in die Geschichtsbücher ein.

Die Fed versuchte deshalb in ihrem Pressetext den Optimismus zu dämpfen. Neu war etwa zu lesen, dass sich die Erholung der wirtschaftlichen Aktivität und der Beschäftigung verlangsamt habe. Powell machte auch während der Pressekonferenz deutlich, dass die US-Wirtschaft trotz der öffentlichen Hilfen noch weit vom Normalzustand entfernt sei. Er gab aber keinen Hinweis darauf, ob mit weiteren geldpolitischen Hilfen zu rechnen sei. Letzterem steht die erwartete wirtschaftliche Erholung im zweiten Halbjahr entgegen. Die Fed übt also den Spagat. Einerseits nicht zu optimistisch zu werden, andererseits auch nicht zu viel Pessimismus zu verbreiten. Powell gelang dieser Spagat durchaus.

Auch wenn Powell alles daran setzte, Befürchtungen um einen möglichen Rückzug der Fed zu zerstreuen, verbleibt an den Finanzmärkten ein gewisses Misstrauen. Die von Biden geplanten Finanzspritzen sind gewaltig. Alleine das weitere Rettungspaket über USD 1.9 Billionen würde das Wachstum der US-Wirtschaft anschieben, dabei ist das Investitionsprogramm der neuen Administration noch nicht inkludiert. Auch wenn bislang noch nicht klar ist, in welcher Höhe die Programme durch den Kongress gewinkt werden, mit weiteren Konjunkturstimuli ist zu rechnen. Damit könnte aber die ultra-expansive Geldpolitik der Fed an Berechtigung verlieren. Genau dies wird an den Finanzmärkten kritisch beäugt.

Für Powell mag die Zusammenarbeit mit dem neuen US-Präsidenten wesentlich angenehmer ausfallen, weniger anspruchsvoll wird sie aber keineswegs. Je grösser der finanzielle Einsatz Bidens ausfällt, desto grösser das Risiko eines neuerlichen «Taper Tantrums». In den kommenden Wochen und Monaten dürften deshalb die Finanzmarktteilnehmer noch mehr als sonst an den Lippen von Jerome Powell hängen.

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