Spotanalyse

Eurozone: Einkaufsmanagerindex für den April - neues Hoch im verarbeitende Gewerbe

Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank Group
Lesedauer: 2 Min
Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe in der Eurozone steigt im April von 62.5 auf 63.3. Dies markiert ein neues Allzeithoch. Der Index für den Dienstleistungssektor steigt von 49.6 auf 50.3. Der aus beiden zusammengefasste vorläufige Composite-Einkaufsmanagerindex steigt damit von 53.2 auf 53.7.

Wenn der Einkaufsmanagerindex über einem Wert von 60 liegt, wird die Luft eigentlich dünn. Dies gilt mit Blick auf den gegenwärtigen Stand des Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe. Dass der Index von seinem Allzeithoch im März noch weiter steigt, war nicht zu erwarten gewesen. Umso erstaunlicher ist der Anstieg.

Allerdings ist bei der Interpretation der Einkaufsmanagerindizes Vorsicht geboten. Die Industrie leidet derzeit unter einem prekären Mangel an verschiedenen Materialien. Das prominenteste Beispiel sind Halbleiter. Mittlerweile erstreckt sich die Knappheit aber auch auf Güter wie Plastik, Styropor oder auch Sperrholzplatten. Reifenhersteller beklagen sich aktuell über fehlenden Kautschuk. Längere Lieferzeiten fliessen mit einem positiven Vorzeichen in die Berechnung des Einkaufsmanagerindex ein, da dies normalerweise Ausdruck einer starken Nachfrage ist. Gegenwärtig sind die Lieferschwierigkeiten jedoch auf eine Angebotsverknappung zurückzuführen und dies müsste genau genommen mit einem Minuszeichen versehen werden. Wie stark dadurch die Industrie belastet wird, zeigen Produktionsausfälle der Automobilhersteller rund um den Globus. In Deutschland war die Industrieproduktion aufgrund des Mangels und nicht etwa wegen fehlender Aufträge im Januar und Februar rückläufig. Asien bereitet derzeit Schwierigkeiten. Zum einen fehlt es dort an Containern, zum anderen belastet auch die neuerliche Corona-Welle. Im Halbleiterbereich mangelt es auch schlichtweg an nötigen Produktionskapazitäten. Der Mangel schlägt sich auch in steigenden Kosten nieder. Markit IHS berichtet von Kostenanstiegen, wie sie zuletzt vor mehr als zehn Jahren verzeichnet wurden.

Eine rasche Besserung ist nicht in Sicht. Lieferprobleme werden uns wohl noch das gesamte Jahr begleiten. Damit entstehen aber von dieser Seite unerwartete Konjunkturrisiken. Wenn nun die Produktion stärker unter der Knappheit leidet, wird dies auch in den Einkaufsmanagerindizes in den kommenden Monaten stärkeren Niederschlag finden. Die Auftragslage im verarbeitenden Gewerbe ist also exzellent, doch es fehlt im Moment an Material, um dies auch in eine entsprechende Produktionssteigerung umzumünzen.

Erfreulich ist hingegen, dass der Dienstleistungssektor trotz der erneuten Corona-Welle nicht stärker in Bedrängnis kommt. Die nun deutlich an Fahrt gewonnene Impfkampagne scheint ihren Zweck nicht zu verfehlen. Die Zuversicht auf bessere Zeiten kompensiert die gegenwärtig immer noch schwierige Situation. Der entsprechende Index springt über die Expansionswelle von 50. Das ist ein gutes  Signal und zeigt, dass die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie Stück für Stück überwunden werden.

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