Spotanalyse

Deutschland: Einzelhandelsumsätze im Dezember massiv im Minus - trotzdem ein erfolgreiches Gesamtjahr 2020

Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank Group
Lesedauer: 2 Min
Im Dezember 2020 gingen die Einzelhandelsumsätze um massive 9.6 % (real) gegenüber dem Vormonat zurück. Gegenüber dem Vorjahresmonat wird allerdings noch immer ein Plus von 1.5 % (real) verbucht.

Die Eindämmungsmassnahmen hinterlassen im Dezember massive Spuren. Gegenüber dem November sinken die Umsätze erschreckend stark. Doch so stark der Umsatzrückgang im Monatsvergleich auch ausfällt, beim vorliegenden Zahlenwerk sollte dies nicht so sehr in den Vordergrund gerückt werden. Der Blick gilt der Entwicklung gegenüber dem Vorjahr und im Gesamtjahr 2020 – und dabei ist Bemerkenswertes auszumachen.

Wie das Statistische Bundesamt berichtet, verbuchen die Einzelhandelsumsätze im Gesamtjahr 2020 einen Zuwachs von realen 3.9 %. Also, auch wenn Läden in Teilen des Jahres zu bleiben mussten, blickt der Einzelhandel auf blendende Geschäfte. Hauptprofiteur ist der Online-Handel, der satte Umsatzsteigerungen verzeichnet und sich vor Geschäft stellenweise nicht mehr retten konnte. Im Dezember 2020 lag das dortige Umsatzplus bei realen 31% gegenüber dem Vorjahr.

Hygieneprodukte und Elektronikprodukte waren in Corona-Zeiten stark gefragt. Das Homeoffice machte eine bessere technische Ausstattung notwendig. Kein Wunder also, dass Notebooks, Tastaturen, Router und Computer-Mäuse begehrte Produkte waren und noch immer sind. Letztere werden vor allem vom Postboten geliefert und wandern nicht etwa über die klassische Ladentheke. Wer viel zu Hause sitzt und gleichzeitig nicht ins Fitnessstudio kann, bestellt sich das Sportgerät für die eigenen vier Wände. Den Herstellern und Händlern von Fitnessgeräten wird gar der Erfolg des Jahres 2020 mittlerweile zum Verhängnis - schlichtweg weil Geräte aufgrund einer global hohen Nachfrage nicht mehr lieferbar sind. Ablesbar ist dies auch an der Preisentwicklung: Wie das Statistische Bundesamt mitteilte, erhöhten sich die Preise für Fitnessgeräte im Dezember 2020 gegenüber dem Vorjahresmonat um 13.1 % – und das trotz des zum 1. Juli 2020 gesunkenen Mehrwertsteuersatzes. Im Fahrradhandel ist eine ähnliche Situation wahrnehmbar. Und noch ein weiterer Aspekt zählt: Da der Sommerurlaub 2020 entweder ganz ausfiel oder auf Schmalspur ablief, blieb Geld in der Haushaltskasse übrig. Geld, das ins Wohnzimmer, Bad oder Küche floss. Möbelhäuser und Baumärkte stehen deshalb auch auf der Gewinnerseite.

Der Einzelhandel sollte nicht über einen Kamm geschert werden. Während der stationäre Handel leidet, werden im Online-Handel neue Rekorde geschrieben. Die Corona-Pandemie beschleunigte den Strukturwandel. Für den Laden in der Innenstadt bedeutet dies: Ohne ein hybrides Geschäftsmodell zwischen Offline- und Onlinehandel wird das Überleben zukünftig schwierig.

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