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Group CEO Paul Arni im Interview

Lesedauer: 8 Min
Interview von Wirtschaft regional von Freitag, 16.2.2024 geführt von Chefredaktorin Corina Vogt-Beck.

In der Strategie 2026 der VP Bank hat die Nachhaltigkeit einen grossen Stellenwert. Es sieht so aus, als ob Nachhaltigkeit für die VP Bank mehr als ein Modebegriff darstellt.

Paul Arni: Das ist aus verschiedenen Gründen richtig. Jedoch ist es nicht die Strategie, welche die Nachhaltigkeit zu einem Thema macht, vielmehr wird die bereits vorhandene Nachhaltigkeit in der Strategie ins Zentrum gerückt. Nachhaltigkeit liegt in der DNA der VP Bank. Unser wichtigster Ankeraktionär ist die Stiftung Fürstlicher Kommerzienrat Guido Feger, eine gemeinnützige Stiftung, die ihre Dividenden gemeinnützig einsetzt. Guido Feger selbst und seine Nachkommen haben dieses Thema bei der VP Bank verankert. In der Strategie hat die Nachhaltigkeit verschiedene Aspekte. Einer davon ist unsere «Investing for Change»-Initiative. Hier geht es darum, dass der ganze Anlageprozess, nicht nur einzelne Produkte, durch eine Art ESG-Filter läuft, den «VP Bank Sustainability Score». Alle Anlageprodukte werden gefiltert und beurteilt.

Wie umfassend ist der Nachhaltigkeits-Begriff beim «VP Bank Sustainability Score»? Umfasst er neben ökologischen Aspekten auch sozial-ethische Auswirkungen von Geldanlagen, zum Beispiel Menschenrechtsfragen?

Ja, er beinhaltet immer das ganze Spektrum von ESG, also auch Soziales und Governance. Mir ist wichtig, dass dies in der Breite abgedeckt wird, und dass diese Kriterien messbar und so transparent sind, dass der Kunde im Vermögensauszug sieht, wie hoch der Score seines Portfolios ist. Dann kann man auch entsprechende Änderungsvorschläge machen.

So können Sie auch dem Vorwurf des Greenwashings etwas entgegenhalten.

Ja, und überdies sind die Standards definiert und eingebettet im gesamten Anlageprozess. Wir haben nicht «normale» Anlageprodukte und nebenbei noch ein paar nachhaltige.

Es gibt keine einheitlichen Standards oder verpflichtende Labels für nachhaltige Finanzprodukte. Nun soll ein EU-Öko-Label für nachhaltige Geldanlagen eingeführt werden. Geht diese Entwicklung in die Richtung, in die sie auch möchten?

Ja, es ist richtig, es gibt keine global gültigen Standards. Für mich ist allerdings wichtig, dass man es nicht zu mechanistisch anschaut. Das regulatorische Umfeld verändert sich stark, und die EU-Regulierungen sind mit grossem Aufwand verbunden. Letztlich ist es auch eine Frage der Nachfrage. Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen, wir müssen die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden verstehen und entsprechende Lösungen anbieten. Nachhaltigkeit ist ein zunehmendes gesellschaftliches Bedürfnis. Im Moment haben knapp 40 Prozent unserer privaten Kundschaft explizit diese Präferenz in ihrer Anlagestrategie verankert. 

Paul Arni
© Daniel Schwendener

Sie sagen, dass Nachhaltigkeit auch unternehmerisch zum Erfolg führt.

Wir als Unternehmen bewegen uns wie unsere Kundschaft in der Gesellschaft. Wenn sich gesellschaftliche Bedürfnisse verändern, und das tun sie beim Thema Nachhaltigkeit, fliesst dies in unsere unternehmerischen Entscheidungen hinein. Beispielsweise fragt unsere Kundschaft im Anlagegeschäft nach nachhaltigen Kriterien. Und weil wir dieses Thema ebenfalls für wichtig halten, haben wir die Ziele der UNO, die Sustainable Development Goals SDG, und das Pariser Klimaabkommen mitunterzeichnet.

Wenn man Ihren Kriterienkatalog ansieht, scheint es, dass Sie tatsächliche Nachweise erbringen wollen, dass ihre Anlagen nachhaltig sind.

Durch den «VP Bank Sustainability Score» wird jedes Wertpapier, jede Anlage beurteilt. Ausgangspunkt ist der MSCI-Sustainability-Score, wir ergänzen diesen mit dem sogenannten ESG-Momentum, dabei prüfen wir, wie sich die jeweilige Firma entwickelt. Wir betrachten also nicht nur einen einzelnen Zeitpunkt, sondern eine Entwicklung. Zudem werden die Geschäftstätigkeit, die Geschäftspraktiken sowie die SDG & Impact Scores der Firmen geprüft.

Prüfen Sie auch, wie hoch der Anteil an kritischen Geschäftsfeldern und schädlichen Geschäftspraktiken ist? Hierbei geht es um Bereiche wie Menschenrechte, um die von Ihnen angesprochenen gesellschaftlichen Themen.

Wir prüfen es, soweit die Daten verfügbar sind. Es gibt eben zwei Seiten der Medaille: Auf der einen Seite wollen wir Gutes tun, auf der anderen Seite hängen wir von den zur Verfügung stehenden Daten ab.

Wie hoch darf denn der Anteil an nicht-ESG-Standards (mindestens ein BB) bei den Drittfonds sein, damit er im Score berücksichtigt wird?

Wir müssen unseren Kundinnen und Kunden Diversifikation ermöglichen und bieten daher alle Regionen an. Schwellenländer haben einen höheren Anteil an Triple C und Single B, deswegen wenden wir hier andere Grenzen an für den Anteil mit diesen Titeln am Portfolio des Produktes, aber auch hier achten wir natürlich darauf, dass wir Fonds finden, die möglichst gute Nachhaltigkeitskriterien erreichen. Ein Fonds selbst darf aber am Ende kein Triple-C- und Single-B-Rating haben. Fonds mit einem Triple C und Single B werden bei uns bei der Selektion ausgeschlossen.

Die VP Bank hat sich zum Ziel gesetzt, als Unternehmen bis 2026 CO2-neutral zu sein. Wie weit sind Sie?

Wir sind auf dem Weg. Aktuell überprüfen wir, wo wir stehen. Nach dieser Klärung definieren wir die notwendigen weiteren Massnahmen. Das betrifft unter anderem die Nutzung von Verbrauchsmitteln, die Art der Energiequellen, zum Beispiel Solarzellen und Photovoltaikanlagen, die Emissionen im Zusammenhang mit Reisetätigkeiten, Mobilitätskonzepte.

Sie haben es erwähnt - Nachhaltigkeit ist etwas, das von Kundenseite nachgefragt wird. Ist diese Positionierung auch wichtig, um eine attraktive Arbeitgeberin in Zeiten des Fachkräftemangels zu sein?

Der Arbeitskräftemangel ist eine demografische Entwicklung, die jedes Unternehmen und letztlich auch die Gesellschaft betrifft. Selbstverständlich werden bei der Attraktivität als Arbeitgeberin neben den herkömmlichen Kriterien wie Arbeitsplatzsicherheit zunehmend auch andere Themen wichtig, insbesondere bei den jüngeren Generationen, und dabei spielt auch die Nachhaltigkeit als Unternehmen eine Rolle. 

Schulen Sie Ihre Mitarbeitenden betreffend nachhaltige Anlagen, welche sie ja auch an die Kundinnen und Kunden vermitteln sollen?

Kundenberaterinnen und -berater werden selbstverständlich geschult. Wichtig ist jedoch, dass Nachhaltigkeit fester Bestandteil in unserer Produkt- und Dienstleistungspalette ist. Das bedeutet, dass Nachhaltigkeitsüberlegungen nicht isoliert in Schulungen besprochen werden, sondern als integraler Bestandteil unseres täglichen Geschäfts fungieren.

Ist die VP Bank ein Vorbild in der Gesellschaft? Wollen Sie dies auch nach aussen kommunizieren? Eine Vorreiterrolle einnehmen?

Mit der Vorreiterrolle ist es so eine Sache. Uns wurde in einer Studie mit allen Stakeholdern bestätigt, dass es wichtig ist, glaubwürdig zu sein und zu bleiben. Für mich ist es wichtig, dass wir unsere Überzeugungen leben, und selbstverständlich sprechen wir darüber und bringen uns ein. Nachhaltigkeit ist überall ein Thema, auch im Vorstand des Liechtensteinischen Bankenverbands und der LIHK, der Liechtensteinischen Industrie- und Handelskammer.

Die technologische Entwicklung ist ebenfalls ein Schwerpunkt ihrer Strategie 2026. Sie sagen, Sie wollen eine «offene IT-Plattform» schaffen. Können Sie dies erklären?

Jede Bank hat ein Kernbankensystem, auf dem alle Kundendaten abgelegt sind. Dieses System ist in sich geschlossen. Wir öffnen das System so, dass wir externe Services oder Dienstleistungen in das System einpflanzen können, wir schaffen eine sogenannte offene Architektur. Ein Beispiel dafür ist der Kontoeröffnungsprozess für externe Vermögensverwalter, der vollständig digital abläuft. Ein Partnerunternehmen hat dies programmiert und es wird über eine Schnittstelle mit unserem System verbunden.

Ist diese Öffnung nicht eine mögliche Gefahrenquelle, zum Beispiel für Cyberkriminalität?

Selbstverständlich. Cyberkriminalität ist allerdings nicht nur in diesem Bereich ein grosses Thema. Das war einer der Gründe, warum wir vor fünf Jahren entschieden haben, unsere Infrastruktur nicht mehr selbst zu bewirtschaften. Es war uns klar, in unserer Grösse als Bank brauchen wir einen Technologiepartner, der im Bereich Cyber Security eine ausgewiesene Qualität und Expertise hat.

Das wäre Swisscom. Dieser Entscheid hat auch zu personellen Verschiebungen, aber auch Kündigungen geführt.

Das hat zu Verschiebungen geführt bei den direkt Betroffenen, knapp 30 Mitarbeitende. Sie erhielten ein Angebot, zu Swisscom zu wechseln, nicht alle wollten das. Mir ist wichtig zu betonen, dass wir nicht die ganze IT ausgelagert haben. Die Applikationsentwicklung haben wir nach wie vor im Haus. Ich bin überzeugt davon, dass die Auslagerung der IT-Infrastruktur technologisch ein ganz wichtiger Schritt war, betreffend die Cyber Security, aber auch im Bereich der mobilen Arbeit und der offenen Architektur. Das gibt uns strategisch viel mehr Möglichkeiten in der Zukunft.

Das heisst, die IT Security ist bei Ihnen komplett ausgelagert?

Wir haben Spezialisten im Haus, diese arbeiten sehr eng mit Swisscom zusammen. Unser Schutzschild ist das Swisscom Cyber Security Center.

Wie betrifft diese Entwicklung zu einem offenen System die Privatkundschaft? Gibt es Veränderungen?

Ja, aber selbstverständlich nur positive! Ich wurde schon gefragt, ob wir ausschliesslich digital werden, das ist überhaupt nicht der Fall. Wir werden immer ein sogenanntes hybrides Modell haben. Für eine Beratung braucht es ein persönliches Vertrauensverhältnis. Bereits heute gibt es Dienstleistungen, welche die Kundschaft gerne digital in Anspruch nimmt, das beste Beispiel ist der Bankomat, aber auch das E-Banking. Mit der offenen Plattform gibt es nun die Möglichkeit, weitergehende Dienstleistungen über E-Banking oder andere Kanäle anzubieten. Es ist möglich, dass es Dienstleistungen geben wird, die ohne dieses System gar nicht möglich wären.

Wie wird KI diese Entwicklung beeinflussen?

KI ist ein Game Changer.

Auch ein Beschleuniger.

Ja, und es macht vieles möglich, was anders nicht denkbar wäre. Zum Beispiel können wir sämtliche Weisungen der Bank automatisieren oder sogenannte Investment Recommender einsetzen, das heisst, aufgrund des Verhaltens unserer Kundinnen und Kunden, gepaart mit externen Daten, können wir individualisierte Vorschläge für Anlagen geben. Bei allen möglichen Einsatzbereichen gilt, KI muss Nutzer-getrieben sein. KI ist kein Business Modell, es ist ein Enabler mit einem Nutzen für einen bestimmten Zweck.

Sie haben ein Projekt im Bereich Blockchain, bei dem Sie stark auf Tokenisierung setzen. Warum? 

Das ist eine gute Frage. Die erste Antwort ist: Wir sind überzeugt davon, dass Blockchain als Technologie im Vermögensverwaltungsgeschäft heute, und in Zukunft noch viel stärker, eine Rolle spielt. Der Markt bewegt sich enorm schnell. Liechtenstein hat mit dem Blockchain-Gesetz eine Vorreiterrolle eingenommen und rechtliche Grundlagen geschaffen. Die zweite Antwort: Wir haben entschieden, dass wir keine Kryptowährungen wollen. Nicht, weil wir diese schlecht finden, sondern weil wir keine Experten in diesem Bereich sind. Und drittens: Ein wesentlicher Anteil des Vermögens unserer Kundschaft befindet sich nicht in sogenannten «Bankable Assets», wie es Wertpapiere oder Gold sind. Wir wollen diese Vermögenswerte über Tokens bankfähig machen.

Es sind also zum Beispiel Häuser, Kunst ...

… Antiquitäten, Autos, die ganze Palette. Wir haben die Technologie, wir haben ein Gesetz, wir haben Kundinnen und Kunden, die ihr Vermögen bankfähig machen möchten, also eine Nachfrage. Ein Beispiel dafür ist die Nachlassplanung einer Kunstsammlung. Ich kann das über einen Fonds machen oder ich kann es mit einem Token machen. Ich kann zu gleichen Teilen Tokens an meine Nachkommen geben, ich muss nicht entscheiden, welches Bild an wen geht. Der Wert des Bildes könnte sich über die Zeit verändern, und das könnte zu Ungerechtigkeiten führen.

Bei einer Wertsteigerung steigt mein Anteil.

Ja, und die anderen können ihre Tokens verkaufen oder weitergeben, aber das ändert an Ihrem Anteil nichts. Es gibt allerdings noch keinen ausgeprägten Sekundärmarkt. Im Moment ist es die Überzeugung, dass diese Technologie eine Rolle spielen wird und dass es Anwendungsfälle gibt. Wir möchten das Know-how nicht anderen überlassen. Das spricht auch für die DNA der VP Bank, wir waren schon immer jene, welche die Innovationen auch umsetzen.

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