Grossbritannien: Klappe, die dritte – und erneut gescheitert
Wir sind auch heute nicht schlauer als vor Tagen und Wochen. Fakt ist, das Brexit-Endgame ist im vollem Gange – mit offenem Ausgang. Möglicherweise bringt Theresa May ihr Abkommen auch noch ein viertes Mal zur Abstimmung, denn schliesslich endet die mit der EU verlängerte Frist für ein Austritt am 12. April. Aber auch ein Rücktritt von Theresa May bleibt eine Option. Um es möglichst kurz zu machen: Die Dinge in Grossbritannien haben eine Eigendynamik, die kaum prognostizierbar ist. Vielmehr gilt, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die einigermassen als gesichert gelten. Dazu gehört unter anderem, dass das Parlament wenigstens in einer Frage Einigkeit zeigt: Ein Ausscheiden ohne Abkommen ist nicht gewünscht. Darüber hinaus formiert sich im Vereinigten Königreich eine durchaus ernstzunehmende Bewegung gegen einen harten Bruch mit der EU. Die britische Industrie geht ohnehin schon seit längerem auf die Barrikaden. Der Druck seitens der Wirtschaftsverbände auf die britischen Abgeordneten ist jedenfalls immens. Bei allem erdenklichen gesunden Menschenversand sollte es letztlich möglich sein, einen geordneten Austritt aus der EU hinzubekommen.
Eine denkbar ungünstige Konstellation könnte aber lauten: Das Vereinigte Königreich schlittert doch noch ohne Abkommen aus der EU aus – schlichtweg in Form eines ungewollten Unfalls. Der Schock sässe dann so tief, dass im Anschluss daran in Windeseile eine Abkommen nachverhandelt wird. In diesem Fall müsste das Parlament dann ganz schnell handeln, um grösseren Schaden von der Inselökonomie abzuwenden. So käme dann auch noch ein Austrittsvertrag zustande.
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Dr. Thomas Gitzel
Chief Economist, VP Bank Group
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