Spotanalyse

EZB: Mario Draghi fehlt leider die Glaskugel

Lesedauer: 2 Min
Die Wirtschaftsentwicklung stand heute im Fokus. Mario Draghi schlüpfte deshalb in die Rolle des Konjunkturforschers.

Die Wirtschaftsdaten seien schwächer als erwartet ausgefallen und die Risiken für den Wirtschaftsausblick hätten sich abwärts verschoben, so der EZB-Chef. Der oberste Notenbanker hob dabei unter anderem die schwächere Exportnachfrage hervor. Auch die Handelskonflikte würden die wirtschaftliche Expansion belasten. Die EZB erachtet die aktuelle Wachstumsschwäche aber als temporäres Phänomen. Die gute Arbeitsmarktsituation und steigende Löhne sprächen für eine Erholung. Auch die Bilanzen der europäischen Banken seien wesentlich stärker als vor der Finanzmarktkrise.

Wir wollen es beim Namen nennen: Die EZB kocht auch nur mit Wasser. Mario Draghi ist nicht im Besitz der berühmten Glaskugel. Trübt sich die konjunkturelle Situation weiter ein, werden die europäischen Währungshüter entweder länger als erwartet expansiv bleiben oder sogar eine neuerliche geldpolitische Lockerung lancieren. Mario Draghi benote hierbei den breiten Werkzeugkasten der EZB. Erholt sich die Konjunktur hingegen, wird der nächste Schritt eine Zinserhöhung sein - vermutlich dann zunächst den Einlagesatz betreffend.

Bislang lassen sich keine Rezessionsgefahren ableiten. Möglicherweise wird uns die konjunkturelle Delle aber noch etwas länger beschäftigen. Die nächste geldpolitische EZB-Sitzung wird im März sein. Bislang heisst es bei den Notenbankern, dass die Zinsen bis mindestens Ende des Sommers 2019 auf den gegenwärtigen Niveaus bleiben werden. Bleibt das wirtschaftliche Datenmaterial bis März durchwachsen, dürfte eine Änderung dieser Forward Guidance auf der Agenda stehen. Möglicherweise wird dann der Pressetext ein unverändertes Zinsniveau bis mindestens Jahresende 2019 in Aussicht stellen. Die Negativzinsen werden uns allen also vermutlich über einen längeren Zeitraum erhalten bleiben. Das ist gut für den Häuslebauer, schlecht hingegen für den Sparer, der sein Geld auf dem Konto liegen lässt.

---

Dr. Thomas Gitzel
Chief Economist, VP Bank Group

#Spotanalyse

Ersten Kommentar schreiben

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.