Spotanalyse

Fed rechnet mit BIP-Rückgang von 6.5 %

Dr. Thomas Gitzel, Chefökonom
Lesedauer: 2 Min
Die US-Notenbank belässt das Zielband für den Leitzins zwischen 0 % und 0.25 %, wie sie am Mittwoch bekannt machte. Und sie wird ihre monatlichen Anleihenkäufe mindestens auf dem gegenwärtigen Niveau fortführen, womit sie eine Untergrenze setzt...

Die Fed veröffentlichte erstmals seit sechs Monaten wieder Wirtschaftsprognosen. Der Ausblick wurde an den Finanzmärkten mit Spannung erwartet. Die Frage lautete, ob die US-Währungshüter mit einer V-förmigen Erholung der Wirtschaft rechnen oder ob sie eher düster in die Zukunft blicken?

Die Median-Schätzung der Notenbanker sieht für das laufende Jahr einen Rückgang des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 6.5 % vor. Bricht die US-Wirtschaft mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 37 % im zweiten Quartal ein, was mittlerweile realistisch erscheint, müsste im dritten und vierten Quartal ein durchschnittlicher Zuwachs von 12.6 % (ebenfalls auf das Jahr hochgerechnet) auf dem Tableau stehen, um auf einen BIP-Rückgang von 6.5 % zu kommen. Solch ein Wachstumsverlauf kann als durchaus optimistisch bezeichnet werden. Allerdings ist die Prognosespanne der Fed-Offiziellen beträchtlich. Die Wachstumsprojektionen reichen von einem BIP-Rückgang von 10 % bis 4.2 % für das Gesamtjahr 2020. Die unterschiedlichen Wachstumseinschätzungen legen bestes Zeugnis für die hohe Unsicherheit ab.

Fed-Chef Jerome Powell stellte die aktuelle Situation der US-Wirtschaft während der Medienkonferenz ungeschminkt dar. Das Augenmerk lag auf der aktuell düsteren Situation am US-Arbeitsmarkt. In Anbetracht dessen werden die Leitzinsen noch über einen sehr langen Zeitraum auf sehr tiefen Niveaus bleiben. Dies machte Powell deutlich. Die Median-Projektion für den Leitzins sieht bis zum Jahr 2022 keine Veränderung vor. Darüber hinaus erwähnte er, dass die Diskussion über eine Zinskurvenkontrolle fortgesetzt werde.

Die Fed hatte heute nicht viel Neues im Körbchen. Das ist enttäuschend. Insgeheim war durchaus damit zu rechnen gewesen, dass die US-Notenbank das Volumen ihrer Kreditvehikel aufstockt. Der Ausblick auf eine etwaige Kontrolle der Zinskurve weckte zumindest Hoffnung, dass man in Washington bereit ist, neue Mittel und Wege zur Krisenbewältigung zu beschreiten. Insgesamt gilt aber: Für die Finanzmärkte war heute nicht viel dabei. Die Europäische Zentralbank (EZB) scheint derzeit besser zu verstehen, was an den Börsen gewünscht wird.  

 

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