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Thematisch investieren: Erneuerbare Energien und Kreislaufwirtschaft

Harald Brandl · Dominik Pross
Lesedauer: 7 Min
An der jüngsten Weltklimakonferenz in Glasgow ist das Ziel erneuert worden, die Erderwärmung auf 1.5 Grad Celsius zu begrenzen. Diese Mammutaufgabe kann zu einem guten Stück mit der Ablösung fossiler Brennstoffe als primäre Energierohstoffe erreicht werden. Dies erfordert sehr hohe Investitionen in erneuerbare Energien, wie Wind, Sonne und Wasser und den Einsatz alternativer Energieträger wie Wasser- oder Biotreibstoff. Aber das genügt nicht, es braucht auch eine Kreislaufwirtschaft, um die hohe und weiter wachsende Ressourcen- und Energienachfrage in ein ökologisch verträgliches Gleichgewicht zurückzuführen.

Der Energiehunger wächst ungebremst. Das globale Wirtschaftswachstum lässt zusammen mit der Bevölkerungsentwicklung bis 2050 einen zusätzlichen Energiebedarf von 50 % erwarten. Dabei laufen die Anstrengungen des Energiewandels der Realität immer noch hinterher. Seit 2015 stieg der Anteil erneuerbarer Energien um 3'700 Terrawatt-Stunden (TW/h, zum Vergleich: der Stromverbrauch der USA 2020 betrug 3'800 TW/h). Gleichzeitig erhöhte sich allerdings die Nachfrage nach Öl und Gas um 7'240 TW/h.

Globale Energienachfrage (Terrawatt-Stunden (TW/h))
Globale Energienachfrage

Ohne einer weltweit konzertierten Kraftanstrengung werden die vereinbarten Klimaziele nicht erreichbar sein. Insofern war es wichtig, dass sich auf dem jüngsten Weltklimagipfel der Vereinten Nationen in Glasgow (COP26) die Ziele des Pariser Klimaabkommens aus 2015 bestätigt wurden. Es wurden dabei die bisher gesteckten Zwischenziele erneuert, auf die man sich bis 2030 bereits verpflichtet hatte. Dies soll erreicht werden indem Kohle als Energiebrennstoff reduziert, der Waldrodung Einhalt geboten, der Methanausstoss zurückgeführt sowie die Entwicklung sogenannter grüner Technologien vorangetrieben wird. 

Viele der «grünen» Energieträger sind dank technischer Fortschritte und Förderungen heute attraktiv. Wind- oder Wasserkraft weisen heute tiefere Stromgestehungskosten auf als fossile Energieträger. Strom aus Biomasse, Geothermie und Photovoltaik ist in vielen Ländern ebenfalls bereits preislich kompetitiv. Werden durch Emissionen entstandene Schäden zukünftig den Energieformen zugerechnet, besteht ein eindeutiger Kostenvorteil für erneuerbare Energien.

Das Beispiel Photovoltaik zeigt, was durch technologischen Fortschritt und Skaleneffekte möglich ist: Seit 2010 sind die Kosten für eine Kilowatt-Stunde Solarstrom um über 80 % gesunken. Damit ist bei Neuinstallationen Solarstrom – auch ohne Förderungen - heute bereits günstiger als Atomenergie.

 

Energieerzeugungskosten in Europa
Energerieerzeugungskosten

Die Umstellung auf erneuerbare Energien bringt grosse Herausforderungen mit sich. Hauptaspekte sind eine erhöhte Wetterabhängigkeit in der Stromproduktion und eine dafür nicht ausreichend abgestimmte Stromnetz-Infrastruktur für die dezentrale Produktion. In den vergangenen drei Jahren offenbarte sich dies in Deutschland deutlich. 2019 musste wegen hohen Windaufkommens eine Stromproduktion von 6.3 Milliarden Kilowattstunden abgeriegelt werden. Mit dieser Menge hätte man 5 % der Haushalte in Deutschland für ein Jahr mit Strom versorgen können. Es fehlte schlichtweg an den notwendigen Leitungskapazitäten und Steuerungen zwischen Produktion und Verbrauch.

Der intensivere Einsatz erneuerbarer Energien erfordert aufgrund der dezentralen Gewinnung dringend die Modernisierung bestehender Stromnetze aber auch moderne Technologien für eine diversifizierte Weiterverarbeitung des primär erzeugten Stroms.

Grüner Wasserstoff

Modernisierung und zeitgemässe Technologien sind ebenfalls Teil der strategischen Planungen von mehreren Industrienationen im Hinblick auf Wasserstoff. Die derzeitige Produktion findet vorherrschend mittels Atomstroms und Erdgas statt. Berücksichtigt man die Gesamtkosten, so ist die grüne Wasserstoffproduktion, also jene basierend auf erneuerbaren Energien, bereits heute konkurrenzfähig.

Wie bedeutend der Nutzen von Wasserstoff der Europäischen Union ist, zeigt die jüngste Absichtserklärung «Fit für 55». Diese Initiative legt detaillierte Etappenziele zur Klimaneutralität bis 2030 fest. Dabei sollen die Treibhausgasemissionen in Europa um 55 % gesenkt werden. Bezüglich der Elektromobilität und emissionsreduziertem Transport auf den Strassen schlägt die EU Kommission in ihrem Verordnungsvorschlag vom Juli 2021 vor, dass die EU-Mitgliedsländern entlang den Autobahnen alle 150 Kilometer eine Wasserstoff-Tankstelle errichten. Die seitens der EU geförderte und erforderliche Elektrolysekapazität soll von heute 60 Megawatt (MW) auf 6 Gigawatt (GW) 2024 und 40 GW bis 2030 ansteigen. Für 2050, wenn die EU klimaneutral sein will, wird eine Kapazität von 500 GW angestrebt.

 

Geförderte Elektrolyse-Kapazität der EU-Kommission
Geförderte Elektrolyse

Die erforderlichen Infrastrukturkosten werden von Analysten der US-Investmentbank Goldman Sachs auf EUR 325 Mrd. taxiert. Das Investitionspotenzial bezüglich der gesamten Wertschöpfungskette soll sich demnach bis 2050 nur in Europa auf EUR 2 Bio. erstrecken, weltweit werden die Gesamtkosten auf EUR 10 Bio. geschätzt.

Kreislaufwirtschaft

Die bis 2050 gesteckten Klimaziele, die bezüglich der Energieproduktion ausgerufen wurden, haben eine reelle Chance, zu einem grossen Teil oder vollumfänglich erreicht zu werden. Die Energieproduktion beinhaltet auch den Transport und die Wärmeerzeugung. Weltweit entspricht dies gut der Hälfte der Treibhausgasemissionen, ist jedoch am Ende nur die halbe Miete. Das Ziel, einen Anstieg der Erderwärmung auf nur 1.5 Grad Celsius zu begrenzen, würde nur mit diesen Anstrengungen nicht erreicht werden. Was verbleibt, ist der industrielle Anteil des produktverarbeitenden Gewerbes und der Landwirtschaft. Diese belaufen sich weltweit auf geschätzte 23 Gigatonnen pro Jahr. In diesem Zusammenhang stellt der umfassende Aufbau einer globalen Kreislaufwirtschaft das zentrale Element der Lösung dar. Davon verspricht man sich die Reduktion der Treibhausgasemissionen um etwa 10 Billionen Tonnen.

Im Kern geht es darum, ein regeneratives Produktionssystem zu erschaffen, in dem der Ressourceneinsatz und der Produktionsprozess durch das Verlangsamen, Verringern und Schliessen von Energie- und Materialkreisläufen minimiert werden. Längere Produktlebenszyklen, Instandhaltung, Wiederverwendung, aber auch Weiterverarbeitung, sind daher wichtige Aspekte. Intelligentes Recycling schliesst den Prozess der Kreislaufwirtschaft ab und führt weitestgehend die Ressourcen zurück in die Verwendung.

CO2-Einsparung bis 2050 (in Billionen Tonnen)
Co2-Einsparungen

Einen hybriden Weg zwischen Kreislaufwirtschaft und technologischer Innovation beschreiten das Schweizer Start-Up Enespa sowie das börsengelistete norwegische Unternehmen Quantafuel. Beide entwickelten unabhängig voneinander einen Prozess zur Rückwandlung von Plastikabfällen zu Öl mittels Thermolyse. Aufgrund des geringeren Gewichts des gewonnenen Paraffinöls werden dabei aus einer Tonne Plastikabfall etwa 1'000 Liter hochwertigen Werkstoff für die Kunststoffindustrie zurückgewonnen.

Wesentliche Bedeutung in der Kreislaufwirtschaft kommt der sogenannten Sharing-Industrie zu, also der Nutzungsteilung von Gebrauchsgütern. Dies ist auch dringend erforderlich, da das angenommene Wirtschaftswachstum bis 2050 laut der renommierten Ellen MacArthur Foundation Ressourcen bedarf, die dem 1.6-fachen der Kapazität der Erde entsprechen. Der industrielle Abbau von Bodenschätzen wuchs in den vergangenen 70 Jahren um das 13-fache und zeichnet sich für 90 % der Umweltschäden und des Wasserstress verantwortlich. Sharing hat eine lange Tradition wie zum Beispiel Genossenschaften auf dem Land beweisen. In der modernen Welt hatten oder haben viele Nutzer bereits Erfahrung mit Anbietern wie Uber, Spotify oder AirBnB, ohne sich dabei Gedanken gemacht zu haben, selbst Bestandteil davon werden zu können. Die fortschreitende Digitalisierung erhöht die Effizienz und somit auch die Akzeptanz. Diese Apps bringen gleiche Interessen zusammen und gestalten den Austausch dabei bequem und transparent. Die fünf grössten Segmente sind dabei Unterkünfte, Autoverleih, Musik und Video, Arbeitsvermittlung sowie Finanzvermittlungen. Der Unternehmensberater PricewaterhouseCoopers erwartet, dass in diesen Bereichen bis 2025 der Markt auf USD 335 Mrd. anwächst, gleich hoch wie der traditionelle Vermietungssektor. Für Europas Kreislaufwirtschaft erkennt die Beratungsfirma McKinsey ein jährliches Produktivitätswachstum von 3 % bis 2030. Dies entspricht einem Wertschöpfungspotenzial von EUR 600 Mrd. Alleine in der Nahrungsmittelindustrie erkennt die Ellen MacArthur Foundation durch ein nachhaltiges und zirkuläres Bewirtschaften der Grossstädte ein globales Wertschöpfungspotenzial bis 2050 in Höhe von USD 2.7 Bio.

Fazit

Erneuerbare Energien und die Kreislaufwirtschaft haben die Reduktion der CO2-Belastung zum Ziel und helfen dabei, eine durch die Industrialisierung stark angegriffene Umwelt künftig schonender zu behandeln. Dabei entstehen etwa bei Infrastrukturausrüstern oder Green-Tech-Unternehmen netto Arbeitsplätze und erhöhen die Produktivität, eine sehr attraktive Kombination für die Kapitalmärkte. Die Dringlichkeit der Massnahmen erfordert sehr hohe Investitionen seitens der Staaten, der Unternehmen aber auch privater Haushalte. Investoren können dies positiv unterstützen und dabei attraktive Renditen erwarten.

Konkret haben wir zwei Vorschläge, wie sich diese Themen mit Fonds umsetzen lassen. Wenden Sie sich bitte an Ihren Kundenberater.

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