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Chancen ergreifen mit alternativen Investments

Wolfdieter Schnee, Head of Fund Client & Investment Services
Lesedauer: 7 Min
Status Quo, spannende Trends, Entwicklungen und Aussichten – ein Beitrag von Wolfdieter Schnee, Head of Fund Client & Investment Services, Member of the Executive Management VP Fund Solutions (Liechtenstein) AG, im aktuellen Agéfi Luxembourg.

Das makroökonomische Umfeld im Jahr 2022 war volatil: Inflation, Zinssätze, hohe Volatilität und der Einmarsch Russlands in der Ukraine brachten die Märkte aus dem Gleichgewicht. Dennoch fielen die Bewertungsveränderungen bei alternativen Anlagen wesentlich schwächer aus als bei traditionellen Anlagen. Angesichts dieser Entwicklungen ist anzunehmen, dass auch alternative Anlagen und dort vor allem illiquidere Anlageklassen unter Druck geraten könnten. Die nächsten Jahre werden somit schwieriger sein, da das freundliche Makro-Umfeld wie während des grössten Teils des vergangenen Jahrzehnts nicht mehr so gegeben sein könnte. Nachfolgend werfen wir deshalb einen Blick auf die verschiedenen alternativen Anlageklassen, um zu eruieren, ob es alternativen Anlagen gelungen ist, unter diesen Umständen zu wachsen, erfolgreich zu sein und somit ihr Versprechen zu halten, anpassungsfähig und widerstandsfähig zu sein.

Alternative Investments im Jahr 2022

Alternative Anlagen haben sich im Jahr 2022 weiterentwickelt – jedoch erfolgte diese Entwicklung nicht einheitlich. Aufgrund dessen, dass die bis dato durch Konjunkturprogramme ausgelösten positiven Faktoren im Jahr 2022 zum Stillstand gekommen sind, haben sich im Bereich von Privatmarktanlagen im Jahr 2022 die Bewertungen verringert, die Mittelbeschaffung verteuert und Transaktionsaktivitäten abgenommen. Ausserdem hat die Vorsicht der Anlegerinnen und Anleger zugenommen. Dies hat eine Verschiebung der Investorenpräferenz weg von risikoreicheren Anlageklassen wie Private Equity (PE) hin zu den als relativ sicher empfundenen Rohstoffen und Private Debt (PD) ausgelöst. Es ist daher ein anhaltendes Wachstum bei PD zu erwarten. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass die hohen Rohstoff- und Energiepreise den Verwaltern von Rohstoff- und Infrastrukturfonds ermöglichen werden, gute Renditen für die Anleger zu erwirtschaften, auch wenn diese Anlageklassen nicht gegen höhere Kreditkosten aufgrund steigender Zinssätze immun sind. Die Entwicklung bei Immobilienanlagen war deutlich gedämpft, wobei ausgewählte Hedgefonds (HF) Strategien unter dem Druck von 2022 gut abgeschnitten haben.

Alternative Investments im Jahr 2022
Erwartungen von Investoren hinsichtlich der Performance ihrer Investmentportfolios in den nächsten 12 Monaten im Vergleich mit den vorangegangenen 12 Monaten, Quelle: Preqin
Private Equity (PE)

PE hat den Anlegern langfristig hohe Renditen beschert und öffentliche Indizes wie den S&P 500 TR Index und den MSCI World TR Index deutlich übertroffen. Die ersten Anzeichen einer Verlangsamung der Performance von PE Anlagen sind bei den PE-Buyouts zu erkennen, wo eine Korrektur um 1,8 % zu verzeichnen ist, die vor allem auf die rückläufige Performance von Transaktionen in den Bereichen Informationstechnologie und Gesundheitswesen zurückzuführen ist. Mit einem Rückgang von 5,8 % bei den IT-Buyouts gegenüber -28,8 % bei den vergleichbaren ETFs ist die Korrektur auf den privaten Märkten jedoch noch nicht vollständig vollzogen.

Die PE-Branche könnte sohin vor einem Umbruch stehen, da sich Manager (GPs) weltweit mit einem schwierigeren Umfeld für die Mittelbeschaffung auseinandersetzen müssen. Da sich die globalen Wirtschaftsaussichten weiter eintrüben, wird es für PE-Firmen schwieriger werden, Renditen zu erzielen.

Private Equity
PrEQIn-Index: Private-Equity-Strategien im Vergleich zu den öffentlichen Märkten, Quelle: Preqin
Venture Capital (VC)

VC hat sich in den Jahren 2009 bis 2019 besser entwickelt als PE und attraktive risikobereinigte Renditen erzielt, bleibt aber auch in Zukunft die verwundbarste alternative Anlageklasse. Das Jahr 2023 könnte einen Wendepunkt darstellen, da die Bewertungen gesunken sind und der Wettbewerb um Transaktionen nachgelassen hat, wodurch sich für VC-Manager mehr Möglichkeiten ergeben, ihre Reserven auf der Suche nach vielversprechenden Zielen mit attraktiven Preisen einzusetzen.

Basierend auf Daten von Preqin haben innerhalb der Anlageklasse VC Expansions- und Spätphasenstrategien nach der globalen Finanzkrise mit einer durchschnittlichen Netto-IRR (Internal Rate of Return) von 28,3 % zwischen 2009 und 2019 am besten abgeschnitten, während Frühphasenstrategien ebenfalls hohe Renditen (durchschnittliche Netto-IRR von 26,6 %) bei einem etwas höheren Risiko (Standardabweichung von 25,2 % im Vergleich zu 24,0 % für Expansions- und Spätphasenstrategien) erzielt haben. Dennoch dürfte sich das aktuelle Wirtschaftsklima stärker auf Expansions- und Spätphasenstrategien auswirken, wo die Bewertungen am höchsten sind, während Frühphasenstrategien kurzfristig widerstandsfähiger sein dürften.

Private Debt (PD)

Bei PD ist eine Reifung der Anlageklasse festzustellen. Trotz der sich verändernden makroökonomischen Risiken sind PD Investoren gut positioniert, um sich vor potenzieller Volatilität zu schützen und solide Renditen zu erzielen. Aufgrund der erwarteten weiteren Zinserhöhungen ist deshalb davon auszugehen, dass PD mehr Aufmerksamkeit von Anlegern, die bis dato nicht im Bereich PD aktiv waren, auf sich ziehen wird. Das Wachstum bei PD in den kommenden Jahren dürfte höher sein als jene bei alternativen Anlagen im Allgemeinen, insbesondere im Vergleich mit PE und Immobilien (RE). Somit ist davon auszugehen, dass PD insgesamt an Marktanteil gewinnen wird.

Verwaltetes globales Vermögen in Private Debt (Mrd. USD und Wachstumsrate), Quelle: Preqin
Verwaltetes globales Vermögen in Private Debt (Mrd. USD und Wachstumsrate), Quelle: Preqin
Immobilien (RE)

Die Aussichten für den globalen Immobilienmarkt sind von starkem Gegenwind geprägt. Steigende Zinssätze und Bewertungsbedenken dürften sowohl die Mittelbeschaffung als auch die Geschäftsabschlüsse beeinträchtigen. Vor diesem Hintergrund sind die Anleger bei ihren Engagements in der Anlageklasse selektiv. Gemäss Daten von Preqin nehmen Value-Added-Strategien einen immer grösseren Anteil ein und machen 35 % der gesamten Mittelbeschaffung aus, was weit über dem langfristigen Durchschnitt von 27 % liegt.

Während das Wachstum des Immobilienvolumens wahrscheinlich anhalten wird, wenn es auch langsamer als bis dato stattfindet, sehen Investoren die Anlageklasse als eine der am stärksten überbewerteten an. Dies wird sich sowohl auf das Fundraising als auch auf die Deal-Aktivität auswirken. Steigende Kreditkosten und eine mögliche und vor allem uneinheitliche Verschlechterung der Nutzernachfrage könnte eintreten, wenn mehrere Länder in eine Rezession geraten. Darüber hinaus haben die Haushalte weniger verfügbares Einkommen, das sie in Geschäften oder online ausgeben können, was sich auf den Einzelhandel und die Industrie auswirken könnte.

Infrastruktur

Hohe Energiepreise kamen vielen Infrastrukturentwicklern im Energiesektor im Jahr 2022 zugute. Auch die Telekommunikationsbranche verzeichnete eine anhaltende Aktivität auf dem Transaktionsmarkt, gestützt durch die Nachfrage nach Bandbreite und Ausfallsicherheit, da hybrides Arbeiten immer häufiger wird. Dennoch belasten die Zinssätze durch den Diskontierungseffekt die Preise von Vermögenswerten, was sich in den nächsten 12 Monaten auf die Renditeentwicklung auswirken wird.

Infrastrukturanlagen werden insgesamt gegenüber Immobilien an Boden gewinnen und mehr Marktanteil gewinnen. Die Notwendigkeit, dass Europa nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine seine Energieunabhängigkeit erlangt, ist von zentraler Bedeutung für eine langfristige Verlagerung hin zu intensiveren Investitionen in erneuerbare Energien in der Region. In den USA sorgt die jüngste Unterzeichnung des Inflation Reduction Act zusammen mit dem früheren Infrastructure Investment and Jobs Act der Regierung Biden für starken Rückenwind für nicht börsennotierte Infrastruktur in Nordamerika.

Rohstoffe

Trotz der makroökonomischen Ungewissheit und der zunehmenden Rezessionsängste hat sich die Anlageklasse seither gut behauptet. Die globalen Investitionsmöglichkeiten im Energiebereich sind enorm, da die Umstellung auf eine Netto-Nullenergieversorgung immer deutlicher wird, Russlands Einmarsch in der Ukraine mehrere Öl- und Gasabhängigkeiten aufgezeigt hat und auf vielen Rohstoffmärkten grosse Versorgungsdefizite entstanden sind. Die meisten Rohstoffe befanden sich jedoch bereits in einem Superzyklus, als Russland in die Ukraine einmarschierte und die weltweiten Energiepreise oft auf Rekordhöhen trieb. Ausserdem sind Rohstoffe technisch mit der Inflation verbunden, da die Rohstoffpreise eine Komponente bei der Berechnung der Inflationsraten sind. Es ist also nicht überraschend, dass die Rohstoffpreise und die Inflation im vergangenen Jahr parallel angestiegen sind. Darüber hinaus gelten Rohstoffe weithin als geeignet für Diversifizierung - zur Absicherung von Verlusten, die entstehen, wenn andere Anlageklassen aufgrund der Inflation an Wert verlieren. Bei der Beurteilung der möglichen Aussichten für Rohstoffe ist jedoch unbedingt zu berücksichtigen, dass die Nachfrage zum Teil stark von der Wirtschaftslage abhängig ist. Zum Beispiel könnte eine deutliche globale Abschwächung der Weltwirtschaft aufgrund von Zinserhöhungen auch zu sinkenden Rohstoffpreisen führen. Dies wiederum geht in der Regel mit einem Rückgang der Inflation einher - ausser in einem Stagflationsumfeld, wo der Inflationsdruck trotz der Rezession nicht nachlässt.

Hedgefonds (HF)

Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass Hedgefonds-Investoren Momentum-Investoren sind. Abflüsse folgen auf Phasen grosser Marktrückgänge und umgekehrt. Die Zinserhöhungen im zweiten Quartal 2022 sowie die geopolitischen Spannungen und der Krieg in der Ukraine haben die Märkte erheblich unter Druck gesetzt und die Anlegerinnen und Anleger gezwungen, ihre Allokationen zu überdenken.

HFs erlebten somit ein schwieriges Jahr 2022, konnten aber in vielen Portfolios einen Mehrwert schaffen. Obwohl man Verluste nie feiern sollte, boten HFs doch einen gewissen Schutz. Innerhalb der Anlageklasse Hedgefonds gab es jedoch erhebliche Varianzen zwischen den unterschiedlichen Strategien und Teilstrategien. Commodity Trading Advisors (CTAs), Makro- und Relative-Value-Strategien trugen dazu bei in den ersten drei Quartalen inmitten der Marktvolatilität positive Renditen für die Anleger zu generieren. Multi-Strategy- und Kreditstrategien konnten einige der Schocks auffangen, während im Bereich von Aktien- und Event-Driven-Strategien viele enttäuschten. Sie schnitten jedoch immer noch besser ab als viele andere Marktsegmente.

Ausblick

Steigende Zinsen und hohe Inflation wirken sich auf die strategische Asset Allocation (SAA) von Anlegern aus. Diese Auswirkungen variieren jedoch je nach der jeweiligen alternativen Anlageklasse. Somit wird makroökonomischer Gegenwind PE, VC und RE in nächster Zeit zu schaffen machen. Nichtsdestotrotz bieten sich in allen alternativen Anlageklassen weiterhin entsprechende Chancen. Rohstoffe und Infrastrukturanlagen werden derzeit als die alternative Anlageklasse ansehen, die am stärksten vom aktuellen Umfeld profitieren können. Auch im derzeitigen volatilen Umfeld mit hohen Abwärtsrisiken, aber der stets bestehenden Möglichkeit dynamischer Markterholungen, werden Alternativen zu Long-only-Strategien als gute Möglichkeiten angesehen. Daher können Hedgefonds und Liquid Alternatives als mögliche Hauptprofiteure der Zinswende und der Inflation angesehen werden. Sohin könnte ein Ende des negativen Trends der Bedeutung von Hedgefonds und Liquid Alternatives in der SAA von Anlegern bevorstehen.

In allen alternativen Anlageklassen bieten sich weiterhin entsprechende Chancen.

Wolfdieter Schnee Head of Fund Client & Investment Services,
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