Spotanalyse

USA: Enttäuschung am Arbeitsmarkt 

Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank
Lesedauer: 2 Min
In den USA sind im August ausserhalb des Landwirtschaftssektors 235'000 neue Stellen geschaffen worden. Die Arbeitslosenquote fällt von 5.4 % auf 5.2 %.

Der Jobaufbau kommt nach der Corona-Delle zwar voran – aber im Schneckentempo. Die Ausbreitung der Delta-Variante spielt bei dem nur geringen Arbeitskräfteaufbau eine Rolle.
 
Die Nachfrage nach Arbeitnehmer dürfte in Anbetracht des wieder zunehmenden Virus-Geschehens in einzelnen Branchen nachgelassen haben. Aber auch der Materialmangel lastet auf der Produktion und reduziert den Bedarf an Arbeitskräften. Doch dies ist nur die eine Seite des Arbeitsmarktes.
 
Auf der anderen Seite blickt eine Vielzahl von Unternehmen auf eine rekordhohe Zahl offener Stellen. Es bleibt Arbeit liegen, was wiederum das Wachstum belastet. Es herrscht also in vielen Bereich ein Arbeitskräftemangel, der schwerwiegender ist als der Materialmangel.
 
Es fehlt auch an Bereitschaft, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Dies hat vielfältige Gründe. Da seien die Hilfsprogramme der US-Regierung genannt, die den Anreize zur Arbeitsaufnahme mindern. Aber auch die in Anbetracht der Corona-Pandemie geringere Anzahl von Einwanderern spielt eine Rolle.
 
Auch Schwierigkeiten bei der Auslagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland erhöhen den Arbeitskräftebedarf im Inland. Darüber hinaus fühlen sich Teile der Bevölkerung aufgrund gesundheitlicher Risiken oder wegen ihres Alters beim Gedanken an die Arbeitsaufnahme unwohl und bleiben deshalb zu Hause. Dies gilt gerade auch im Zusammenhang mit der Ausbreitung der Delta-Variante.
 
Der Arbeitskräftemangel erhöht die Bereitschaft der Unternehmen, höhere Löhne zu bezahlen. Das Wachstum der durchschnittlichen Stundenlöhne von 4.3 % im August gegenüber dem Vorjahresmonat setzt dabei ein Ausrufezeichen. Ein Viertel der im Verband unabhängiger Unternehmen (NFIB) organisierten kleineren Firmen gab zuletzt an, höhere Löhne bezahlen zu wollen. Dies ist bereits wieder ein Spitzenwert, der auf dem Vorkrisenniveau liegt.
 
Gespannt darf man nun sein, wie das Arbeitskräfteangebot nach gänzlichem Auslaufen der Zusatzzahlungen beim Arbeitslosengeld in allen Bundesstaaten am 6. September reagiert. Der Arbeitsmarktbericht für den September verspricht schon jetzt, spannend zu werden. Die US-Notenbank wird die Entwicklungen am Arbeitsmarkt besonders genau verfolgen.
 
Für die Fed ist die Situation alles andere als einfach. Der Mangel an Arbeitskräften und Material erhöht den Inflationsdruck, gleichzeitig laufen die Corona-Nachholeffekte bereits schon aus. Und die Delta-Variante bremst die wirtschaftliche Expansion. Das Wachstumshoch ist überschritten. Der eleganteste Weg, der sowohl Inflationssorgen als auch Wachstumsskepsis besänftigt, für die Fed, ist es, die Wertpapierkäufe zum Jahresende sanft zu reduzieren. Genau darauf wird man sich bei der Notenbank schon bald verständigen.

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