Türkei: Die türkische Lira taumelt
Er entliess Agbal nach nicht einmal fünf Monaten aus dem Amt. Das Vertrauen in die türkische Geldpolitik und deren Unabhängigkeit nahm mit dem Beschluss des Staatsoberhauptes bitterlichen Schaden. Kein Wunder, dass die Lira heute Morgen mit einem ordentlichen Tritt in den Handel entlassen wird. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, ehe die Marke von 8 gegenüber dem US-Dollar wieder überschritten wird. Agbals Nachfolger ist Sahap Kavcioglu. Er ist Befürworter einer Niedrigzins-Politik und wird das Vertrauen mit einer lockeren Geldpolitik kaum zurückgewinnen.
Da das Land unter einem grossen Berg von Fremdwährungskrediten leidet, wird die Währungsschwäche zu einem akuten Problem. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt liegt die Auslandsverschuldung bei 62 %. Laut dem Zahlenwerk der türkischen Notenbank lauten davon 57 % auf den US-Dollar, 30 % entfallen auf den Euro. Das Gros der Schulden liegt wiederum im türkischen Privatsektor. Vor allem Unternehmen und Banken greifen zur Refinanzierung gerne auf Auslandskredite zurück. Der grössere Kapitalmarkt im Bereich des US-Dollar oder auch des Euro und die damit einhergehende grössere Investorenbasis spielen dabei eine zentrale Rolle, aber natürlich auch das tiefere Zinsniveau.
Das Problem ist: Je schwächer die Lira ist, desto grösser wird der Berg an Fremdwährungsschulden. Gerade deshalb waren die Zinserhöhungen so wichtig, denn diese stoppten die Abwertungen und stabilisierte die in heimischer Währung umgerechneten Fremdwährungsverbindlichkeiten. Wir wollen es beim Namen nennen: Kehrt kein nachhaltiges Vertrauen in die türkische Geldpolitik zurück, bleibt das Risiko eines Zahlungsausfalls bestehen. Diese Gefahr sehen auch die Ratingagenturen. Bei S&P liegt die Note des Landes mit B+ am unteren Ende der Bonitätsskala.
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