Spotanalyse

EZB: Notenbank sieht keine Notwendigkeit für Veränderung

Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank
Lesedauer: 2 Min
EZB hält höhere Inflation für temporär. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt ihre Geldpolitik im Juni unverändert fort.

Die EZB sieht gegenwärtig keine Notwendigkeit, an ihrer Geldpolitik etwas zu verändern – trotz gegenwärtig hoher Inflationsraten. Sie hält auch vorerst an erhöhten Käufen des Pandemie-Notfallankaufprogramms (PEPP) fest. Die Währungshüter verweisen darauf, dass die Nettokäufe im Rahmen des PEPP während des kommenden Quartals weiterhin deutlich höher ausfallen werden als während der ersten Monate des Jahres.

Die Inflationsprojektionen sind für das laufende Jahr von 1.5 % auf 1.9 % angehoben worden. Für das Jahr 2022 erwarten die EZB-Volkswirte eine Inflationsrate von 1.5 %, was ebenfalls etwas über den ursprünglichen Projektionen liegt. Im Jahr 2023 wird demnach die Inflation bei unveränderten 1.4 % liegen.

Die EZB erachtet den aktuellen Inflationsanstieg also als temporär. Sie rechnet nicht damit, dass die Teuerungsraten längerfristig überhaupt an das Ziel von knapp unter 2 % heranreichen werden. Auch wir denken, dass die EZB längerfristig mit zu niedrigen als mit zu hohen Inflationsraten zu kämpfen hat.

Auf einem anderen Blatt steht jedoch, dass das PEPP seine Berechtigung verliert. Die Frage ist nämlich, ob überhaupt noch ein Notfall vorliegt. In Anbetracht der kräftigen wirtschaftlichen Erholung und höheren Inflationsraten kann von Notfall keine Rede mehr sein. Vermutlich wird die EZB das PEPP im März 2022 wie vorgesehen auslaufen lassen. Eine Verlängerung über diesen Zeitraum hinweg, ist nicht zu rechtfertigen.

Die EZB spricht in der Medienmitteilung im Zusammenhang mit PEPP von "mindestens bis Ende März 2022". Deshalb bedarf es einer klaren Kommunikation der Währungshüter, dass dann auch wirklich Schluss ist. Um die Finanzmärkte nicht auf dem falschen Fuss zu erwischen, bedarf es hierfür einer anderen Wortwahl. Die EZB müsste darauf hinweisen, dass eine Verlängerung des PEPP nicht in Betracht gezogen wird. Das wird nicht unmittelbar der Fall sein, doch könnten die europäischen Währungshüter in den kommenden Monaten einen anderen Tonfall einschlagen. Vermutlich wird man aber zunächst der US-amerikanischen Notenbank Fed den Vortritt lassen - ansonsten würde die EZB eine unerwünschte Aufwertung des Euro riskieren.

Die Fed dürfte wohl im Spätsommer mit einer veränderten Kommunikation aufwarten. Sie wird dann die Möglichkeit eines Ausstiegs aus der ultra-expansiven Geldpolitik erwähnen. Im Nachgang hätte die EZB grünes Licht, einen Stopp des PEPP im März 2022 bei anhaltend guten Wirtschaftsdaten in Aussicht zu stellen.

Das wäre dann aber nur ein erster kleiner Schritt in Richtung Ausstieg. Es sollte bedacht werden, dass die übrigen Ankaufprogramme ebenfalls noch in Kraft sind. Von einer Normalisierung, die den Namen auch verdient, ist die EZB jedenfalls noch weit entfernt, selbst wenn die PEPP-Käufe beendet sein werden.

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