Spotanalyse

Deutschland: Industrieproduktion stagniert - aber 8er Monat in Folge ohne negatives Vorzeichen

Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank Group
Lesedauer: 2 Min
Die deutsche Industrieproduktion stagniert im Dezember gegenüber dem Vormonat.

Die Industrie reitet inmitten der Corona-Krise auf einer Welle beachtlicher Daten. Auch wenn nur eine Stagnation vermeldet wird, die Industrieproduktion kommt immerhin acht Monate in Folge ohne negatives Vorzeichen aus. Das ist äusserst respektabel. Wer hätte solch einen guten Lauf im März zu prognostizieren gewagt? Das Nullwachstum ist in Anbetracht der vorangegangenen guten Serie verschmerzbar.

Mit Blick auf das Gesamtjahr 2020 musste die deutsche Industrie allerdings eine bittere Pille schlucken. Im gesamten Jahr 2020 lag die Produktion im produzierenden Gewerbe kalenderbereinigt um 8.5 % niedriger als im Vorjahr. Diese Zahl lässt selbst bei hartgesottenen Ökonomen die Knie schlottern. Das Minus des Gesamtjahres 2020 macht deutlich, welch massive wirtschaftliche Löcher die Corona-Pandemie riss.

Die gute Nachricht ist indes: Die Auftragsbücher haben sich seit Mai deutlich gefüllt. Die Bestellungen werden nun abgearbeitet, was die Industrieproduktion grundsätzlich unterstützt. Es ist dabei vor allem auch der gut laufenden chinesischen Wirtschaft zu verdanken, dass es im deutschen verarbeitenden Gewerbe in den vergangenen Monaten so gut lief. Läuft die Produktion in China, läuft auch die hiesige Produktion. Darüber hinaus profitierte die deutsche Automobilwirtschaft mit ihren Premiumfahrzeugen von der guten chinesischen Einkommenssituation.

Die Corona-Scharte ist noch nicht ganz ausgewetzt, aber es fehlt andererseits auch nicht mehr viel bis zum Vorkrisenniveau. Die Produktion liegt „nur“ noch 3.6 % unter dem Niveau des Februar 2020, also dem Monat  vor Beginn der Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie.

Klar war, die Serie an positiven Monatszuwächsen konnte nicht ewig halten. Das Nullwachstum im Dezember stimmt uns auf einen wieder normaleren Vorlauf der Industrieproduktion ein. Die vollzogene Serie an positiven Zuwächsen ist die Ausnahme und nicht etwa die Regel. Die Auftragseingänge der deutschen Industrie waren im Dezember erstmalig seit Mai wieder rückläufig. Das macht deutlich, dass auch die Industrieproduktion in den kommenden Monaten wieder volatiler ausfallen wird. Positive und negative Vorzeichen werden sich häufiger abwechseln. Doch selbst wenn nun auch wieder Produktionsrückgänge im Monatsvergleich auf der Agenda stehen, die Industrieproduktion hat gute Chancen noch in den Frühjahrsmonaten das Vorkrisenniveau zu erreichen.

Der nun zu erwartende volatilere Verlauf der Produktion unterstreicht aber auch, dass es der Industrie nicht mehr gelingen wird, die Einbussen des Dienstleistungssektors auszugleichen. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt wird deshalb im ersten Quartal 2021 erneut schrumpfen. Die Pandemie drückt also der deutschen Wirtschaft gleich zu Jahresbeginn ordentlich den Stempel auf.

#Spotanalyse