Spotanalyse

Lockdown darf kein Unwort sein

Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank Group
Lesedauer: 2 Min
In Deutschland beraten heute Bund und Länder über weitreichende Kontaktbeschränkungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Dabei droht erneut ein neuerlicher Lockdown. Aus ökonomischer Sicht kann ein zeitlich befristeter Lockdown günstiger sein als ein lang anhaltender freiwilliger Konsumverzicht.

Das ist ein unbefriedigender Zustand. Die zweite Corona-Welle gewinnt an Intensität, Verbraucher sind verunsichert und die Politik wirbt für das Daheimbleiben. Die Folgen sind offensichtlich: Obwohl keine strikten Eindämmungsmassnahmen in Kraft sind, bleiben die Innenstädte verwaist. Wirte klagen über ausbleibende Gäste, das Öffnen der Bar oder des Restaurants lohne sich kaum.

Man muss kein Virologe sein, um zur Schlussfolgerung zu gelangen, dass vermutlich ohne weitere Beschränkungen die Anzahl der täglichen Neuinfektionen steigen wird. Ist das der Fall, bleiben Konsumenten auch weiterhin den Läden, Bars, Cafés und Restaurants fern. Für das so wichtige Vorweihnachtsgeschäft wäre das eine Katastrophe. Hauptprofiteure des Weihnachtsgeschäfts wären dann Onlinekaufhäuser wie Amazon.

Das Wort Lockdown sollte aber deswegen nicht zum Unwort deklariert werden, mit dem die Politik drohen muss. Ein kurzer strikter Lockdown kann eine Chance sein. Der Internationale Währungsfonds rechnet in seinem jüngsten weltwirtschaftlichen Ausblick vor, dass ein zeitlich befristeter Lockdown, der Infektionsketten durchbricht, für eine Volkswirtschaft günstiger sein kann als ein lang anhaltend hohes Infektionsrisiko. Denn letzteres führt zu einem freiwilligen Konsumverzicht. Eine wirtschaftliche Erholung setzt voraus, dass in einem ersten Schritt den gesundheitlichen Risiken adäquat begegnet wird. Erst die strikten Eindämmungsmassnahmen im März und April legten die Grundlage für den wirtschaftlich gutlaufenden Sommer.

Mit einem kurzen aber weitreichenden Lockdown kann die weitere Ausbreitung des Corona-Virus gestoppt werden. Verbraucher würden sich dann sicherer fühlen. Das Weihnachtsgeschäft könnte gerettet werden. Es ist aber nicht nur das Weihnachtsfest, das zählt. Bedacht werden sollte auch die Wintersaison. Die Gastwirte in den Alpen warten auf Gäste, Liftbetreiber auf Skifahrer. Für die auf Masse getrimmten Wintersportorte wäre das Ausbleiben der Touristen kaum zu verschmerzen.

Ein zeitlich befristeter Lockdown sollte weniger emotional, sondern vielmehr mit Kalkül bedacht werden, wie die Studie des Internationalen Währungsfonds rät. Auch mit Blick für das Jahr 2021 gilt: Lieber ein kurzer strikter Lockdown, der das Infektionsgeschehen eindämmt, als eine lang anhaltende freiwillige Distanzierung der Verbraucher. Letzteres ist Gift für eine wirtschaftliche Genesung.

#Spotanalyse
#Coronavirus