EU kontert dem britischen Binnenmarktgesetz – Pfund unter Druck
Das britische Binnenmarktgesetz hebelt Teile des bereits gültigen Austrittsvertrags wieder aus. Die EU-Kommission hatte Boris Johnson ein Ultimatum bis Mittwoch gesetzt, die umstrittenen Klauseln des Gesetzes zurückzunehmen.
Da London die Frist verstreichen liess, kam es zu einer offiziellen Anzeige. Die EU-Kommission sieht eine Vertragsverletzung. Die britische Regierung hat nun einen Monat Zeit zur Stellungnahme. Möglicherweise muss am Ende der Europäische Gerichtshof darüber entscheiden.
Brüssel und London kämpfen nun mit harten Bandagen. Das Verhandlungsklima ist vergiftet. Ob es zu einer Einigung über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien bis Jahresende kommt, bleibt mehr als fraglich. Noch gilt bis Jahresende eine Übergangsfrist, innerhalb derer die Inselökonomie weiterhin Zugang zum europäischen Binnenmarkt hat.
Wir sind bislang noch der Meinung, dass das Vereinigte Königreich auch zukünftig einen Zugang zum europäischen Binnenmarkt haben wird. Das wäre für beide Seiten des Ärmelkanals die ökonomisch rationalste Entscheidung. Aber die Person Boris Johnson lässt uns zweifeln, ob tatsächlich ein Folgeabkommen mit der EU überhaupt gewünscht ist. Die Entscheidungen des Premierministers erscheinen häufig abrupt und unkontrollierbar. Nicht selten verkehrt er getroffene Entscheidungen innerhalb kurzer Zeit ins Gegenteil.
Soviel steht fest: Je näher das Jahresende rückt, desto aufgeheizter wird die Stimmung. Keine Seite möchte vorzeitig einknicken. Es läuft deshalb erneut auf eine Entscheidung in letzter Sekunde hinaus. Auf Sicht der kommenden Wochen wird die Eskalation deshalb zunehmen.
Für das britische Pfund sind das keine guten Nachrichten. Die britische Valuta gab im Anschluss an den heutigen Brüsseler Beschluss sowohl gegenüber dem US-Dollar, als auch gegenüber dem Euro nach.
Kommt es zum Jahresende zu einer gütlichen Einigung zwischen der EU und Grossbritannien, könnte das Pfund zu einem Kursfeuerwerk starten. Ein harter Brexit hingegen hätte nicht nur für das Pfund, sondern auch für den Euro negative Konsequenzen. Beide Währungen müssten dann deutliche Kursverluste gegenüber dem Dollar verbuchen. In Anbetracht der zu erwartenden grösseren wirtschaftlichen Schäden Grossbritanniens im Verhältnis zur EU, würde die britische Valuta dabei deutlicher nachgeben. Die vorprogrammierten schwierigen Verhandlungen zwischen London und Brüssel werden zunächst aber in den Herbstmonaten zu einer Berg- und Talfahrt des Pfund führen.
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