Spotanalyse

Die zweite Corona-Welle zwingt die Dienstleister in die Knie

Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank Group
Lesedauer: 3 Min
Der aggregierte Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor in der Eurozone fällt im Oktober von 50.4 auf 49.4. Das ist der dritte Rückgang in Folge. Werte unter 50 signalisieren eine wirtschaftliche Kontraktion. Der Index für die Industrie steigt überraschend von 53.7 auf 54.4. Die Dienstleistungsbranche leidet hingegen besonders deutlich unter der zweiten Corona-Welle. Der entsprechende Index fällt von 48 auf 46.2. Der Service-Sektor liegt damit deutlich in der Kontraktionszone.

Alles andere als ein Fall des Einkaufsmanagerindex hätte verwundert. Die zweite Corona-Welle wird zum konjunkturellen Spielverderber. Viele Regierungen der Eurozone verpassen ihrem Land wieder äusserst restriktive Verordnungen. Die Eindämmungsmassnahmen schlagen sich unmittelbar im Dienstleistungssektor nieder. Die Innenstädte sind weniger frequentiert. Die Ladenkassen klingeln nur selten. Aber auch die Gastronomie und die Veranstaltungsbranche sind einmal mehr die Leidtragenden. Es muss deshalb nicht weiter verwundern, dass vor allem der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor weiter einknickt.

Erstaunlich zuversichtlich blickt hingegen die Industrie in die Zukunft. Dabei ist vor allem die deutsche Industrie zu nennen. In der grössten Volkswirtschaft der Eurozone legt der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe spürbar zu. Das zeigt aber schon, wie ungleich die Corona-Lasten verteilt sind. Während viele Dienstleister unter den Eindämmungsmassnahmen leiden, kann sich die Industrie weitgehend frei bewegen und sich dem Bann von Corona entziehen.

Die Ausbreitung des Virus wird in den kommenden Monaten wirtschaftlichen Schaden hinterlassen. Dazu bedarf es nicht einmal eines zweiten Lockdowns. Die freiwillige Distanzierung reicht, um eine Volkswirtschaft zum Straucheln zu bringen. Der schwedische Sonderweg eines Lockdown-Verzichts während der ersten Corona-Welle mag positiv für das Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Bürgers gewesen sein, bewahrte aber die Wirtschaft keineswegs vor einem Absturz. Das schwedische Bruttoinlandprodukt gab im zweiten Quartal um 8.6% nach.

Das Corona-Virus wird das wirtschaftliche Geschehen in den kommenden Monaten diktieren. Es sollten keine falschen Hoffnungen geweckt werden. Neue temporäre wirtschaftliche Rückschläge stehen bevor. Die Herbst- und Wintermonate werden zu einer neuerlichen wirtschaftlichen Herausforderung. Vermutlich bedarf es weiterer staatlicher Hilfen, um besonders hart betroffene Branchen über Wasser zu halten. Bei weiteren staatlichen Hilfen darf nicht mehr das Giesskannenprinzip regieren, sondern es muss nun vor allem dem Hotel- und Gaststättengewerbe und der Veranstaltungsbranche geholfen werden. Steuerliche Entlastungen könnten ein Mittel der Hilfe sein.

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