Spotanalyse

Deutschland: ifo-Index überrascht zum Jahresende

Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank Group
Lesedauer: 2 Min
Das ifo-Geschäftsklima steigt im Dezember unerwartet von 90.9 auf 92.1. Die aktuelle Lageeinschätzung klettert von 90 auf 91.3. Der weitere Geschäftsverlauf wird im Dezember auch besser eingeschätzt. Der entsprechende Index steigt von 91.8 auf 92.8.

Das ist doch mal eine gute Nachricht zum Jahresende. Der ifo-Geschäftsklimaindex schlägt sich in Anbetracht der Umstände äusserst gut. Die Unternehmen hatten bereits in den vergangenen Monaten ihre Erwartungen an den weiteren Konjunkturverlauf gesenkt, sodass der nun verhängte Lockdown den Firmenchefs nicht mehr ganz den Boden unter den Füssen wegzieht. Die Aussicht auf staatliche Überbrückungshilfen dürfte ebenfalls besänftigend wirken.

Eklatant ist weiterhin die unterschiedliche konjunkturelle Beurteilung der Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor und dem verarbeitenden Gewerbe. Zwar konnte sich selbst die Stimmung im Dienstleistungssektor aufhellen, doch die Verbesserung der Konjunkturaussichten im verarbeitenden Gewerbe fällt deutlicher aus. Die Schere zwischen den beiden Branchen sticht ins Auge, muss aber nicht weiter verwundern. Da die Erhebungsperiode für den ifo-Geschäftsklimaindex den neuerlichen harten Lockdown nur unzureichend einfängt, sollte die Stimmungsverbesserung im Dienstleistungssektor mit Vorsicht genossen werden.

Die Industrie profitiert von der guten Konjunkturentwicklung in China. Die chinesische Wirtschaft kommt aufgrund einer Corona-bedingten hohen Auslandsnachfrage ordentlich auf Touren. Dazu gehören Masken, Möbel und elektronische Güter, die europäische und amerikanische Konsumenten derzeit verstärkt nachfragen. Chinesische Verbraucher kaufen derweil wiederum deutsche Autos und chinesische Unternehmen deutsche Maschinen. Früher hiess es: Geht es den USA gut, geht es Deutschland gut. Diese Weisheit muss auf China umgemünzt werden. Also: Geht es China gut, geht es Deutschland gut. Der hohe industrielle Anteil Deutschlands ist in der gegenwärtig schwierigen wirtschaftlichen Situation ein Segen.

Allerdings gilt auch: Die deutsche Konjunktur wird die zweite Pandemiewelle nicht ohne Rezession überstehen. Die Einbussen im Dienstleistungssektor belasten die Gesamtwirtschaft. Da sich schon jetzt abzeichnet, dass die Eindämmungsmassnahmen im neuen Jahr nicht sofort aufgehoben werden können, wird auch das erste Quartal in Mitleidenschaft gezogen.

Doch bei allem Grund zur Sorge, in den vergangenen Tagen gab es auch positive Nachrichten. Der europäische Wiederaufbaufonds verspricht für das Jahr 2021 eine Ankurbelung der Investitionen in der gesamten Eurozone. Davon wird Deutschland profitieren. Kommt es darüber hinaus zu einer Einigung über einen Brexit-Vertrag, fällt ein schwerwiegendes wirtschaftliches Risiko weg. Die Stimmung unter den Unternehmen hat also durchaus Potenzial, sich in den kommenden Monaten weiter zu verbessern.

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