Spotanalyse

In der Türkei braut sich etwas zusammen

Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank Group
Lesedauer: 2 Min
Lira taumelt - für einen Dollar müssen jetzt mehr als 8 Lira berappt werden

Die türkische Lira rutscht gegenüber dem US-Dollar auf neues Allzeittief ab. Für einen Dollar müssen jetzt mehr als 8 Lira berappt werden. Aber auch gegenüber dem Euro setzt die türkische Valuta ihren Abwärtskurs ungebremst fort.

Da das gesamte Land unter einem grossen Berg von Fremdwährungskrediten leidet, wird die Währungsschwäche zu einem akuten Problem. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt liegt die Auslandsverschuldung bei 62 %. Laut dem Zahlenwerk der türkischen Notenbank lauten davon 57 % auf den US-Dollar, 30 % entfallen auf den Euro. Das Gros der Schulden liegt wiederum im türkischen Privatsektor. Vor allem Unternehmen und Banken greifen zur Refinanzierung gerne auf Auslandskredite zurück. Der grössere Kapitalmarkt im Bereich des US-Dollar oder auch des Euro und die damit einhergehende grössere Investorenbasis spielen dabei eine zentrale Rolle, aber natürlich auch das tiefere Zinsniveau.

Die türkische Zentralbank müsste eigentlich der Währungsschwäche mit weiteren Zinserhöhungen kontern. Doch in der vergangenen Woche hielt sie stattdessen lieber am bisherigen Zinsniveau von 10.25 % fest. In Anbetracht einer nur dürftigen Ausstattung mit Devisenreserven von rund 7 % gemessen am Bruttoinlandsprodukt, wird die Situation in der Türkei zunehmend prekär.

Eine Zahlungsbilanzkrise liegt im Bereich des Möglichen. Auch die Ratingagenturen ziehen das mittlerweile in Betracht und verpassen dem Land eine entsprechend schlechte Bonitätsnote. In der Vergangenheit bekam das Land in Krisenzeiten stets grosszügige Hilfe des Internationalen Währungsfonds (IWF). Das Interesse des Westens, also der USA und Europas, an einer stabilen Türkei war aufgrund der geopolitischen Lage des Landes hoch.

Hilfen des IWF erfordern aber im Gegenzug Reformen. Es stellt sich natürlich die berechtigte Frage, inwieweit sich Staatspräsident Erdogan den Auflagen des IWF unterziehen würde? Dies zeigt, dass eine Krisensituation am Bosporus besonders heikel wäre. Der tiefe politische Graben zwischen der Türkei und den westlichen Staaten macht Verhandlungen im Ernstfall schwierig. Die Entwicklungen in der Türkei sollten in den kommenden Wochen jedenfalls sorgfältig beobachtet werden.

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