Spotanalyse

China: Wenn gute Nachrichten schlechte sind

Dr. Thomas Gitzel, Chief Economist VP Bank Group
Lesedauer: 2 Min
Der offizielle Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe Chinas steigt im September von 51 auf 51.5. Das entsprechende Barometer für den Dienstleistungssektor klettert von 55.2 auf 55.9. Der zusammengefasste Index (Composite) steigt damit von 54.5 auf 55.1. Die private Erhebung für das verarbeitende Gewerbe, der Caixin-Einkaufsmanagerindex, bleibt im September mit 53 nahezu unverändert.

Der Anstieg der Einkaufsmanagerindizes war gemessen an der Konsensprognose eine Überraschung. Wir hatten hingegen mit einem Anstieg gerechnet. Denn die chinesische Wirtschaft profitierte, und profitiert noch immer, von einer Corona-bedingten Sonderkonjunktur. Bei einer breiten Betrachtung läuft die Wirtschaft des Landes noch keineswegs rund. Viele chinesische Betriebe und Fabriken sind aufgrund einer schwierigen konjunkturellen Entwicklung in den USA und in Europa unterausgelastet. Auch das Reich der Mitte ist von einem wirtschaftlichen Normalzustand noch ein gutes Stück entfernt. Aber es macht sich eine «Sonderkonjunktur» bemerkbar.

Die Autoverkäufe lassen auf konsumfreudige private Haushalte schliessen. Doch bei genauer Betrachtung werden aus diesen guten Daten schlechte. Aus Furcht vor einer Ansteckung in den öffentlichen Verkehrsmitteln steigen die Chinesen lieber in das eigene Auto. Die Nachfrage wird mit satten Rabatten der Autohersteller zusätzlich befeuert. Es wohl die Furcht vor einer Covid-19-Ansteckung, die Konsumenten ins Autohaus locken, und weniger die Lust.

Die Exporte verzeichnen auch wieder kräftige Zuwachsraten. Sie profitieren derzeit von einer schier nicht zu stillenden Nachfrage nach Medizinausrüstung. Dazu gehören all die Hygieneprodukte, die für uns derzeit im täglichen Leben unverzichtbar sind, also vor allem Masken, Gummihandschuhe und Desinfektionsprodukte. China versorgt derzeit die Welt mit Hygieneprodukten.

Der Export von Medizinausrüstung wurde in den vergangenen Monaten regelrecht nach oben katapultiert. Im Juli wurde in diesem Segment ein Ausfuhrwachstum von knapp 90 % gegenüber dem Vorjahresmonat verbucht. Im August stand immerhin noch ein Plus von 72 % zu Buche. China war bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie bedeutender globaler Produzent von Hygieneartikeln und konnte jetzt auch noch viele Fabriken rasch umrüsten. Die pandemiebezogenen Güter waren der Haupttreiber für die Erholung der Exporte in den zurückliegenden Monaten. In den übrigen Wirtschaftsbereichen sieht es hingegen durchwachsen aus.

Einer der besten Frühindikatoren, dass sich die Weltwirtschaft nach dem Covid-Schock wieder normalisiert, werden deshalb rückläufige chinesische Exportwachstumszahlen sein. Die steigenden Einkaufsmanagerindizes sind damit für die restliche Welt eine schlechte Nachricht. Sie legen bestes Zeugnis dafür ab, dass das Coronavirus die Welt noch in Schach hält. Aus dieser Perspektive werden aus guten Nachrichten schlechte.  

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